AG Detmold: Abänderung Vergleich wegen neuem Unterhaltsrecht

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

In der Familiensache

hat das Amtsgericht – Familiengericht – Detmold aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.05.2008 durch die Richterin … für Recht erkannt:

Tatbestand:

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Aus der Ehe ist die gemeinsame Tochter …, geb. am …2003 hervorgegangen.

Die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber der Beklagten und der gemeinsamen Tochter wurde durch den gerichtlichen Vergleich des Amtsgerichts Detmold vom … geregelt. Dem Vergleich war ein übereinstimmender Vorschlag der Parteien vorausgegangen. Der Kläger verpflichtete sich unter anderem, für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2013 an die Beklage einen monatlichen Ehegattenunterhalt von 1.008 € zu zahlen. Einkünfte der Beklagten bis zu 800 € netto sollten dabei anrechnungsfrei bleiben. Wegen des Inhaltes des Vergleichs im einzelnen wird auf dessen bei der Akte befindliche Kopie Bl. 4 ff.d.A. Bezug genommen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass sich die Verhältnisse, die für die Unterhaltspflicht maßgeblich waren, durch Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts wesentlich geändert hätten. Die Beklagte sei verpflichtet, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Betreuungsmöglichkeiten für die gemeinsame Tochter seien ausreichend vorhanden. Eine Veranlassung, einen Teil des Einkommens der Beklagten nicht anzurechnen, gebe es nicht mehr.

Der Kläger beantrag,

festzustellen, dass er der Beklagten in Abänderung des Vergleichs des Amtsgerichts – Familiengericht – Detmold vom 13.08.2006 mit Wirkung ab Januar 2008 keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie eine Obliegenheit, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, nicht treffe. Mit der im Vergleich vorgenommenen Befristung sei der Intention des neuen Unterhaltsrechts, die Eigenverantwortung des Ehegatten zu steigern, bereits genügt worden. Es sei die Absicht der Parteien gewesen, bis zum 10. Lebensjahr der gemeinsamen Tochter eine verlässliche Basis für den Unterhalt zu finden. Der Vergleich sei erst vor nicht ganz zwei Jahren geschlossen worden. Ihr Vertrauen in die Wirkung des Titels bis zum Ablauf der vereinbarten Frist müsse geschützt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet, denn die Verhältnisse, die für die Unterhaltspflicht als solche und die Unterhaltshöhe maßgeblich waren, haben sich nicht wesentlich geändert. Die Umstände und Erwägungen der Parteien, die zu dem Abschluss des Vergleichs geführt haben, sind auch durch das neue Unterhaltsrecht nicht entfallen. Die Bindungswirkung des Vergleichs besteht weiter fort.

Die Parteien haben sich auf eine zeitnahe Befristung des Anspruchs der beklagten geeinigt.In Kenntnis ihrer Einkünfte haben sich die Parteien darauf verständigt, dass ein erheblicher Betrag, nämlich 800 € netto, anrechnungsfrei bleiben soll. Änderungen der Gesetzeslage und der Rechtsprechung wurde in der Vereinbarung ausdrücklich dadurch Rechnung getragen, dass nach Ablauf der Frist eine Anpassung an neue Rechtssprechung und Gesetzgebung ermöglicht ist. Diese Regelung kann nur so verstanden werden, dass die Unterhaltsvereinbarung für einen starren Zeitraum gerade nicht von Änderungen der Rechtslage betroffen sein sollte. Der Kläger kann sich daher nicht darauf berufen, dass es jetzt nicht mehr allgemeine Praxis sei, Einkommen des betreuenden Ehegatten anrechnungsfrei zu stellen. Zum einen war bereits bei Vergleichsschluss absehbar, dass die Beklagte neben der Kinderbetreuung ihre Erwerbstätigkeit werde aufstocken können. Diese voraussehbare Tatsache stellt daher keine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse dar, die an der Vergleichsgrundlage etwas ändert. Und zum anderen blieben auch schon nach dem alten Recht Einkünfte nicht automatisch anrechnungsfrei. Die Parteien haben sich in Kenntnis dessen, dass man das Einkommen der Beklagten auch ganz oder teilweise hätte berücksichtigen können, darauf geeinigt, dass ein erheblicher Teil außer Betracht blieb. Solche Vereinbarungen sind auch nach dem neuen Recht möglich und nicht ungewöhnlich. Sie tragen im Einzelfall der Tatsache Rechnung, dass der Ehegatte, der ein gemeinsames Kind betreut und versorgt, in der beruflichen Entwicklung oft benachteiligt ist. Diese ehebedingten Nachteile werden auch im neuen Recht aufgefangen. Dem Kläger stand es frei, bei dem damaligen Vergleichsschluss eine höhere Anrechnung des Erwerbseinkommens der Beklagten zu fordern. Daher ist er jetzt mit diesem Einwand präkludiert.

Nach dem neuen Recht besteht auch keine automatische Erwerbspflicht. Hierzu müsste erst vorgetragen werden, dass das Alter des Kindes, seine persönliche Entwicklung und die Betreuungsangebote vor Ort eine vollschichtige Tätigkeit des betreuenden Elternteils zulassen. Die Darlegungslast trifft den Kläger, der sich auf eine Erwerbspflicht der Beklagten beruft. Der Kläger hat nichts dafür vorgetragen, dass die Fremdbetreuung des Kindes sich dermaßen anbieten würde, dass auf jeden Fall eine vollschichtige Erwerbstätigkeit der Beklagten zu fordern wäre.

Durch die Neuregelung ist daher die Vergleichsgrundlage nicht entfallen. Sie hat unverändert Bestand. Dem Kläger ist es zuzumuten, seine Unterhaltsverpflichtung für den überschaubaren Zeitraum, auf den er sich von Anfang an einstellen konnte, weiter zu erfüllen. Und der Beklagte ist es nicht zuzumuten, den Unterhaltsanspruch in Wegfall zu verringern, denn sie hat auf den Bestand des Vergleichs vertraut. Dieses Vertrauen ist schutzwürdig.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

AG Detmold, Urteil vom 27.05.2008

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