BGH: Ausgleich einer arbeitsvertraglich zugesagten Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen

Der Ausgleich einer arbeitsvertraglich zugesagten Versorgung nach beamten-rechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erfolgt grundsätzlich durch interne Teilung.

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 14. Zivilsenats 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 12. September 2012 wird auf Kosten der Beteiligten zu 5 zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis 3.000 €

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über den Versorgungsausgleich.

Auf den am 25. Januar 2010 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 18. November 1993 geschlossene Ehe der Antragstellerin (Ehefrau) und des Antragsgegners (Ehemann) rechtskräftig geschieden.

Der Ehemann ist seit 2002 als leitender Angestellter bei der Beteiligten zu 5, einer Industrie- und Handelskammer, beschäftigt. Sein Gehalt richtete sich bis zum 31. Dezember 2002 nach der Besoldungsgruppe A 15 und beruht seitdem auf freier Vereinbarung. Im Übrigen sollen nach dem jederzeit mit Jahresfrist kündbaren Anstellungsvertrag die für niedersächsische Landesbeamte geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung finden. In § 6 des Vertrages hat sich die Beteiligte zu 5 zur Gewährung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach den für Beamte auf Lebenszeit geltenden Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes in der für das Land Niedersachsen am 1. Oktober 2002 geltenden Fassung verpflichtet. Die Zahlung der Versorgungsbezüge soll durch die Versorgungskasse für die Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände des früheren Landes Oldenburg erfolgen, bei der die Beteiligte zu 5 freiwilliges Mitglied ist.

Das Familiengericht hat unter anderem das bei der Beteiligten zu 5 erworbene Anrecht mit einem Ausgleichswert von monatlich 494,98 € und einem korrespondierenden Kapitalwert von 111.824,04 € im Wege der internen Teilung ausgeglichen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 5, mit der diese die externe Teilung des bei ihr erworbenen Anrechts verfolgt, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 5.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Gesetzlicher Regelfall sei die interne Teilung der in der Ehezeit erworbenen Anrechte. Eine externe Teilung komme nur unter den Voraussetzungen der §§ 14, 16 VersAusglG in Betracht. Diese Regelungen seien abschließend und keiner erweiternden Auslegung zugänglich. Die Voraussetzungen für eine externe Teilung nach § 16 VersAusglG lägen nicht vor, da der Ehemann in keinem Beamtenverhältnis und in keinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehe. Der Anstellungsvertrag und die erteilte Versorgungszusage seien privatrechtlicher Natur. Nicht entscheidend sei das Versorgungssystem, in dem der Ausgleich durchzuführen sei.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Gemäß §§ 9 Abs. 2, 10 Abs. 1 VersAusglG überträgt das Familiengericht für die ausgleichsberechtigte Person zulasten des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts bei dem Versorgungsträger, bei dem das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person besteht (interne Teilung). Nach § 9 Abs. 3 VersAusglG ist ein Anrecht nur dann nach §§ 14 bis 17 VersAusglG extern zu teilen, wenn ein Fall des § 14 Abs. 2 oder des § 16 Abs. 1, 2 VersAusglG vorliegt.

b) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG ist eine externe Teilung zulässig, wenn die ausgleichsberechtigte Person und der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person dies vereinbaren. Einer solchen Vereinbarung hat die Antragstellerin als ausgleichsberechtigte Person ausdrücklich widersprochen.

Soweit der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person die externe Teilung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG auch ohne Zustimmung der ausgleichsberechtigten Person verlangen kann, ist dies ausdrücklich auf Ausgleichswerte bis zu dem dort genannten Höchstbetrag beschränkt. Der hier relevante Ausgleichswert eines Rentenbetrages von monatlich 494,98 € übersteigt den für das Ende der Ehezeit (31. Dezember 2009) geltenden Rentenhöchstbetrag von 50,40 € (FamRZ 2012, 173) deutlich, so dass auch nach dieser Vorschrift keine externe Teilung möglich ist.

c) Als weitere Ausnahme von dem Grundsatz der internen Teilung wird durch § 16 Abs. 1 VersAusglG bestimmt, dass solange der Träger einer Versorgung aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis keine interne Teilung vorsieht, ein dort bestehendes Anrecht zu dessen Lasten durch Begründung eines Anrechts bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung somit extern auszugleichen ist.

aa) Wie das Oberlandesgericht zutreffend erkannt hat, liegen die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift jedoch nicht vor. Der Ehemann stand nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, sondern in einem privatrechtlichen Anstellungsverhältnis, bei dem ein Anspruch auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bestand. Solche Versorgungszusagen werden vom Wortlaut des § 16 VersAusglG nicht erfasst.

bb) § 16 Abs. 1 VersAusglG ist auch nicht analog auf Versorgungsanrechte anzuwenden, bei denen ein Anspruch auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen besteht. Denn diesbezüglich enthält das Gesetz keine planwidrige Regelungslücke (so schon zum früheren Recht Senatsbeschluss vom 17. April 1985 IVb ZB 796/81 FamRZ 1985, 794).

(1) Bereits eine Regelungslücke liegt nicht vor, da § 10 VersAusglG eine Vorschrift über die interne Teilung sämtlicher ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechte enthält, für die das Gesetz nur die in § 9 Abs. 3 VersAusglG feregelten Ausnahmen vorsieht. Somit ist der Versorgungsausgleich für den hier vorliegenden Fall nicht ungeregelt.

(2) Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anwendung des § 10 VersAusglG auf privatrechtlich begründete Anrechte auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen dem Willen des Gesetzgebers widerspricht.

Wie der Bewertungsvorschrift des § 44 Abs. 1 VersAusglG zu entnehmen ist, war dem Gesetzgeber die (zuvor bereits in § 1587 b Abs. 2 Nr. 1 BGB enthaltene) Unterscheidung zwischen Anrechten einerseits aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und andererseits aus einem Arbeitsverhältnis, bei dem ein Anspruch auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen besteht, bewusst.

Gleichwohl enthielt die Entwurfsfassung des § 16 Abs. 1 VersAusglG eine Ausnahme von der internen Teilung nur für den Fall, dass der „Träger einer Beamtenversorgung“ keine interne Teilung vorsieht (BT-Drucks. 16/10144 S. 11). Im Gesetzgebungsverfahren wurde zwar das Wort „Beamtenversorgung“ durch die Wörter „Versorgung aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis“ ersetzt. Dadurch sollte aber lediglich klargestellt werden, dass sich die Möglichkeit zur externen Teilung von Anrechten nicht nur auf die Beamtenversorgung im engeren Sinne, sondern auch auf Versorgungen aus anderen öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnissen wie die Ministerversorgung bezieht (BT-Drucks. 16/10144 S. 117). Nicht einbezogen wurden hingegen die durch § 44 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG erfassten Anrechte auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen.

Der gesamten Regelung lag die Vorstellung zugrunde, dass es aus Sicht des Versorgungsausgleichs erstrebenswert sei, auch bei Beamtenversorgungen den Grundsatz der internen Teilung jedes Anrechts umzusetzen. Deshalb wurde im Bereich der Bundesbeamten eine entsprechende Lösung durch das Gesetz über die interne Teilung beamtenversorgungsrechtlicher Ansprüche von Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten im Versorgungsausgleich vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700, 716 BVersTG) getroffen. Allein weil der Bund nicht die Gesetzgebungskompetenz für das Versorgungsrecht der Beamtinnen und Beamten der Länder und Kommunen besaß, konnte durch Bundesgesetz nicht auch die interne Teilung dieser Anrechte angeordnet werden (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 59). Dieses Ausschlusskriterium trifft auf die bei der Beteiligten zu 5 bestehende Versorgung nicht zu. Denn bei dieser handelt es sich um eine privatrechtliche Versorgungszusage, die der Bundesgesetzgeber aufgrund seiner Gesetzgebungskompetenz in die mit § 10 VersAusglG getroffene Grundsatzregelung einschließen konnte.

d) Der Ausgleich einer arbeitsvertraglich zugesagten Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erfolgt daher grundsätzlich durch interne Teilung (vgl. bereits Erman/Norpoth BGB 13. Aufl. § 16 VersAusglG Rn. 2; FAKomm-FamFR/Wick 5. Aufl. § 16 VersAusglG Rn. 2).

BGH, Beschluss vom 23.01.2013
XII ZB 575/12

AG Oldenburg, Entscheidung vom 24.08.2010, 64 F 13/10 S
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 12.09.2012, 14 UF 161/10

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