OLG Brandenburg: Mindestunterhalt bei fehlender Ausbildung und schlechten Deutschkenntnissen

  1. Das am 29. Mai 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Senftenberg (Az. 31 F 250/06) wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:Der Beklagte wird verurteilt, an das Kind M B zu Händen der Klägerin für die Zeit von Juli 2006 bis einschließlich Juni 2007 einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 177 Euro und ab Juli 2007 einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 175 Euro zu zahlen, die zukünftig fällig werdenden Beträge monatlich im Voraus bis spätestens zum 5. Tag eines jeden Monats.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um den Unterhaltsanspruch ihres gemeinsamen Kindes M… B…, geboren am 7. September 2004. Die Klägerin ist deutsche Staatsangehörige, der Beklagte ist pakistanischer Staatsangehöriger.

Die miteinander verheirateten Parteien leben seit Juni 2006 voneinander getrennt. Beide beziehen staatliche Transferleistungen nach dem SGB II ( Hartz IV ). Aus ihrer Ehe ist das zuvor genannte gemeinsame Kind M…. B… hervorgegangen, das seit der Trennung bei der Klägerin lebt und von ihr betreut und versorgt wird. Mit Schreiben vom 5. Juli 2006 hat die Klägerin den Beklagten zur Zahlung von Unterhalt für das gemeinsame Kind ab Juli 2006 erfolglos aufgefordert.

Der Beklagte verfügt über keine berufliche Ausbildung. Seit Mai 2007 hat er die Erlaubnis, ein Reisegewerbe als Textilhändler auszuüben. Er ist insoweit befugt zum Feilbieten von Kleidung, Schuhe, Unterwäsche und Geschenkartikeln mit einer Wertgrenze von 26 Euro.

Das gemeinsame Kind erhält Leistungen des Landkreises … nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Zwischen dem Landkreis und dem Kind ist hinsichtlich der insoweit geleisteten Beträge eine Rückübertragungsvereinbarungen betreffend übergegangener bzw. noch übergehender Unterhaltsansprüche geschlossen worden.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte müsse sich zumindest als fiktiv leistungsfähig zur Zahlung des geltend gemachten Unterhaltes behandeln lassen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie für das gemeinsame Kind M B, geboren am 7. September 2004, ab dem Monat Juli 2006 monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 177 Euro, monatlich im Voraus, spätestens bis zum 5. eines jeden Monats zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat sich auf mangelnde Leistungsfähigkeit berufen und dazu insbesondere behauptet, unter Berücksichtigung des Bezuges von Hartz IV -Leistungen nicht leistungsfähig zu sein. Zudem stehe einer Erwerbstätigkeit, die es ihm erlaube, neben der Deckung des eigenen Bedarfes seinem Kind den notwendigen Lebensbedarf zu sichern, seine mangelnden Deutschkenntnisse und seine Ausländereigenschaft entgegen.

Mit dem am 29. Mai 2007 verkündeten Urteil hat das Amtsgericht Senftenberg die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte sei angesichts seiner persönlichen Eigenschaften, insbesondere unter Berücksichtigung dessen, dass er keinen Beruf erlernt und keine intensiven Deutschkenntnisse habe, nicht in der Lage, für das Kind finanziell zu sorgen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, der Beklagte habe seine Leistungsunfähigkeit nicht ausreichend dargetan. Er habe auch unter Beachtung seiner ausländischen Herkunft nicht dargelegt und nachgewiesen, entsprechend seiner Vorbildung, und seinen Fähigkeiten und der Arbeitsmarktlage in zumutbarer Weise seine Arbeitskraft bestmöglich eingesetzt zu haben.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

in Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an das Kind M… B… zu ihren Händen für den Zeitraum von Juli 2006 bis einschließlich Juni 2007 monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 177 Euro und ab Juli 2007 monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 175 Euro zu zahlen, die rückständigen Beträge sofort und die zukünftig fällig werdenden Beträge monatlich im Voraus bis spätestens zum 5. Tag eines jeden Monats.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er behauptet weiterhin, zur Zahlung des geltend gemachten Unterhaltes weder in tatsächlicher noch in fiktiver Hinsicht leistungsfähig zu sein. Insoweit bezieht er sich auf eine dem Schriftsatz vom 8. November 2007 beigefügte Anlage, die Auskunft über seine Einkünfte im Rahmen seines ausgeübten Gewerbes geben soll.

II.

Die in zulässiger Weise eingelegte Berufung hat in vollem Umfange Erfolg.

1.

Dem gemeinsamen Kind der Parteien, für das die Klägerin als gesetzliche Prozessstandschafterin gemäß § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB in zulässiger Weise auftritt, steht ein Unterhaltsanspruch gemäß den §§ 1601 ff. BGB zumindest in der im Tenor genannten Höhe zu.

Der Unterhaltsbedarf für den Zeitraum von Juli 2006 bis Juni 2007 berechnet sich als Mindestunterhaltsanspruch gemäß § 2 der Regelbetragsverordnung (1. Altersstufe) in Höhe von 177 Euro (188 Euro abzüglich eines gemäß § 1612b BGB a.F. anzurechnenden Kindergeldanteils von 11 Euro) und für die Zeit ab Juli 2007 bis einschließlich Dezember 2007 sodann in Höhe von 175 Euro (186 Euro abzüglich eines Kindergeldanteils von 11 Euro). Ab Januar 2008 erhöht sich dieser Unterhaltsanspruch sodann auf 202 Euro (279 Euro abzüglich des hälftigen Kindergeldes gemäß § 1612b Abs. 1 BGB n.F. in Höhe von 77 Euro), § 1612a Abs. 1 BGB i.V.m. § 36 Nr. 4 EGZPO, was aber angesichts dessen, dass die Klägerin weiterhin allein einen Unterhaltsanspruch in Höhe von 175 Euro geltend gemacht hat, dahinstehen kann.

An der Bedürftigkeit des gemeinsamen Kindes der Parteien bestehen angesichts seines noch jungen Alters und der Tatsache, dass das Kind eigene Einkünfte oder eigenes Vermögen nicht besitzt, keine Bedenken. Dies gilt auch, soweit das Kind Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UnterhVG) erhalten hat, da es sich dabei um subsidiäre, auf den Bedarf nicht anzurechnende staatliche Leistungen handelt.

Aufgrund der wirksamen Rückübertragungsvereinbarungen bestehen unter Beachtung von § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 UnterhVG auch keine Bedenken an der Aktivlegitimation.

Hinsichtlich dieser Ansprüche hat der Beklagte nicht ausreichend dargetan, leistungsunfähig zu sein.

2.

24Für seine die Sicherung des Regelbetrages bzw. des Mindestunterhaltes nach § 1612a BGB in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung betreffende Leistungsunfähigkeit ist der Verpflichtete in vollem Umfange darlegungs- und beweisbelastet (BGH FamRZ 2002, 536 ff; st. Rspr. des Senats, Brandenburgisches OLG FamRZ 2007, 1336 f.; FamRZ 2007, 72; jurisPR-FamR 25/2006 Nr. 3; NJW-RR 2005, 949; FuR 2004, 38, 40; NJWE-FER 2001, 70 ff.; s. auch JAmt 2004, 502; FamRB 2004, 216, 217). Dazu bedarf es der vollständigen Darlegung sowohl der Einkünfte wie auch des Vermögens durch den Unterhaltsverpflichteten, wobei dieser auf Grund der vorstehenden Ausführungen die volle Darlegungs- und Beweislast trägt. Da der Beklagte dem nicht ausreichend nachgekommen ist, kann bereits nicht überprüft werden, ob er in tatsächlicher Hinsicht leistungsunfähig hinsichtlich der zuvor dargestellten Unterhaltsansprüche des gemeinsamen Kindes ist. Schon aus diesem Grunde hat die Klage vollen Erfolg.

25So hat der Beklagte hinsichtlich seiner Einkünfte nach dem SGB II ( Hartz IV ) im Rahmen des Hauptsacheverfahren keinerlei Belege eingereicht, bzw. nähere Angaben getätigt. Insoweit wäre eine vollständige Übersicht seiner Einkünfte erforderlich, die es ermöglicht zu überprüfen, ob er unter Wahrung des ihm zustehenden notwendigen Selbstbehaltes in der Lage ist, den geltend gemachten Unterhaltsanspruch zu befriedigen. Hierzu fehlt jegliches näheres Vorbringen des Beklagten; allein der bloße Hinweis auf den Bezug von Leistungen nach dem SGB II genügt dem nicht (st. Rspr. des Senats, OLG Brandenburg, FamRZ 2007, 72, 73; OLG-Report 2007, 782; NJW-RR 2005, 949).

Ebenso ist nach derzeitigem Stand nicht in gebotenem Umfange feststellbar, inwieweit der Beklagte Einkünfte aus der Ausübung eines Gewerbes seit Mai 2007 bezieht. Auch insoweit fehlt es im Rahmen des Hauptsacheverfahrens an ausreichend substantiiertem Vorbringen des Beklagten. Die hierzu eingereichte, wohl vom Beklagten selbst gefertigte Aufstellung (Bl. 102 d. A.) ist zu detailarm, schon weil sie keinerlei nähere Aufsplitterung der dargestellten Einnahmen und Kostenpositionen enthält. I. Ü. fehlt es an jeglicher Darlegung der bzw. nach August 2008 erzielten Einnahmen.

Auf diesen Umstand hat der Senat den Beklagten bereits anlässlich des Hinweisbeschlusses vom 19. September 2007 und sodann erneut im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 2008 ausdrücklich hingewiesen, insbesondere auch unter dem weiteren Hinweis darauf, dass die im Rahmen der Prozesskostenhilfe eingereichten Unterlagen nicht automatisch Gegenstand des Verfahrens sind. Gleichwohl hat der Beklagte sein Vorbringen in keiner Weise weiter substantiiert oder durch Beifügung entsprechende Unterlagen belegt. Ebenso hat er eine Erklärung darüber, dass die Unterlagen aus dem Prozesskostenhilfe-Heft Gegenstand des Hauptsacheverfahrens sein sollen, unterlassen.

Darüber hinaus fehlt es ebenso an der Darlegung der Vermögensverhältnisse des Beklagten im Rahmen der Hauptsache. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung dessen, dass diese im Rahmen des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II nur teilweise Anrechnung finden (vgl. §§ 11 Abs. 2 S. 2, 30 SGB II), für den Unterhaltsanspruch der minderjährigen Tochter dagegen in vollem Umfang einzusetzen sind (Götsche, FamRB 2006, 53, 57 f. m. N.). Hierzu fehlen jegliche weiterführende Ausführungen bzw. Belege, weshalb auch insoweit die tatsächliche Leistungsunfähigkeit des Beklagten nicht überprüft werden kann. Den entsprechenden Hinweisen des Senates aus seinem Beschluss vom 19. September 2007 bzw. im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 2008 ist der Beklagte nicht nachgekommen und hat dazu kein weitergehendes Vorbringen getätigt bzw. keine weiterführenden Belege eingereicht.

3.

Da hiernach die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Beklagten nicht abschließend überprüft werden kann, kommt es auf die nachfolgende Ausführung zu seiner fiktiven Leistungsfähigkeit an sich nicht mehr an. Gleichwohl muss sich der Beklagte nach Ansicht des Senats auch als fiktiv leistungsfähig behandeln lassen, wie aus den weiteren Ausführungen hervorgeht.

a.

Die für einen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten wird nicht allein durch das tatsächlich vorhandene Einkommen des Unterhaltsschuldners, sondern vielmehr auch durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, seine Arbeitsfähigkeit in bestmöglicher Weise einzusetzen und mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben (BGH FamRZ 2003, 1471, 1473). Gegenüber minderjährigen Kindern erfährt diese Verpflichtung aufgrund der Vorschrift des § 1603 Abs. 2 BGB eine Verschärfung dahin, dass den Unterhaltspflichtigen eine noch erheblich gesteigerte Verpflichtung zur Ausnutzung seiner Arbeitskraft trifft. Dies folgt aus der die Eltern treffenden rechtlichen und sittlichen Pflicht, ihre Kinder am Leben zu erhalten; diese Pflicht findet ihre Grenze allein in der Unmöglichkeit (OLG Dresden, FamRZ 2007, 1477; RG JW 1903, 29, zitiert bei OLG Dresden OLG-Report 2005, 496). Legt der Unterhaltsverpflichtete nicht dar, dieser Obliegenheit vollständig gerecht geworden zu sein, so muss er sich ein in zumutbarer Weise fiktiv erzielbares Einkommen zurechnen lassen. Die Zurechnung zumutbar erzielbarer fiktiver Einkünfte ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG FamRZ 2005, 1893).

Ein gem. § 1603 Abs. 2 BGB verschärft haftender Unterhaltspflichtiger hat sich intensiv, d.h. unter Anspannung aller Kräfte und Ausnutzung aller vorhandenen Möglichkeiten um die Erlangung eines hinreichend entlohnten Arbeitsplatzes zu bemühen. Er muss alle verfügbaren Mittel für den Unterhalt des Kindes verwenden, alle Erwerbsmöglichkeiten ausschöpfen und auch einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf nehmen, um ein die Zahlung des Regelbetrages sicherstellendes Einkommen zu erzielen (BVerfG, FamRZ 2003, 661).

Bei eigener Arbeitslosigkeit hat sich der Pflichtige durch intensive Suche um eine Erwerbsstelle zu bemühen; bei Arbeitsstellen mit geringeren Einkommen ist entweder eine neue Arbeitsstelle oder eine weitere Beschäftigung zu suchen, um zusätzliche Mittel zu erlangen, z.B. durch zusätzliche Gelegenheits- und Aushilfstätigkeiten (OLG Köln NJWE-FER 1999, 84, 85). Arbeitszeiten von bis zu 48 Wochenstunden sind durchaus zumutbar (OLG Köln ZFE 2007, 195), ebenso kommen für die Ausübung einer Nebentätigkeit Zeiten in Betracht, die üblicherweise dem Freizeitbereich zuzuordnen sind (OLG Dresden, FamRZ 2007, 1477 und  OLG-Report 2005, 496). Die beruflichen Dispositionsmöglichkeiten treten dabei weitgehend hinter der Elternverantwortung zurück (OLG Bremen FamRZ 2007, 74 f.; OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 29, 30), weshalb sich die Bemühungen um die (Wieder-) Erlangung einer Arbeit nicht auf den Bereich des erlernten Berufes oder der zuletzt ausgeübten Tätigkeit beschränken dürfen. Vielmehr ist dem Unterhaltspflichtigen grundsätzlich anzusinnen, sich jedenfalls nach einiger Zeit um jede Art von Tätigkeit, auch eine solche unterhalb seines Ausbildungsniveaus, zu bemühen. Hierzu zählen Arbeiten für ungelernte Kräfte ebenso wie Arbeiten zu ungünstigen Zeiten oder zu wenig attraktiven Arbeitsbedingungen (Brandenburgisches OLG ZFE 2007, 192, 193; OLG Zweibrücken a. a. O.).

Für die Suche nach Arbeit selbst ist die Zeit aufzuwenden, die erforderlich ist, alle der nach Vorgesagtem in Betracht kommenden Stellen zu erfassen, sich darauf zu bewerben und Vorstellungsgespräche wahrzunehmen. Dies wird bei Arbeitslosen in aller Regel dem Zeitaufwand eines vollschichtig Erwerbstätigen entsprechen (Brandenburgisches OLG, OLG-Report 2006, 976, 977), wohingegen bei Erwerbstätigen geringere Anforderungen zu stellen sein können.

Für die ordnungsgemäße Erfüllung sämtlicher der zuvor dargestellten Voraussetzungen ist der Unterhaltsverpflichtete darlegungs- und beweisbelastet. Dies gilt auch für die Richtigkeit der Behauptung fehlender realer Beschäftigungschancen (Brandenburgisches OLG ZFE 2007, 192, 193; JAmt 2004, 502, 503). Einen allgemeinen Erfahrungssatz, dass wegen hoher Arbeitslosigkeit, mangelnder Ausbildung, fortgeschrittenen Alters oder sonstiger ungünstiger Bedingungen trotz gehöriger Bemühungen keine Beschäftigungsmöglichkeit besteht, existiert nicht (Brandenburgisches OLG ZFE 2007, 192, 193; OLG Köln ZFE 2007, 195).

b.

Diesen strengen Anforderungen wird das Vorbringen des Beklagten in keiner Weise gerecht.

36Allein der Verweis darauf, dass er keine Ausbildung habe, und dass er über mangelnde Deutschkenntnisse verfügte, genügt nicht. Insoweit kann allein bei entsprechenden Bewerbungsbemühungen überprüft werden, ob nicht gleichwohl unter Beachtung der im Einzelfall gegebenen besonderen persönlichen Verhältnisse eine Möglichkeit des Beklagten gegeben ist, eine ausreichend dotierte Arbeitsstelle zu finden. Der Unterhaltsverpflichtete kann sich i. Ü. auch regelmäßig nicht auf fehlende Deutschkenntnisse berufen, wenn er sich bereits längere Zeit in Deutschland aufhält. Im Rahmen seiner Erwerbsobliegenheiten obliegt es Unterhaltsverpflichteten-/berechtigten, die der deutschen Sprache nicht oder nur unvollständig mächtig sind, zur Herstellung bzw. Verbesserung ihrer beruflichen Chancen die deutsche Sprache zu erlernen (vgl. OLG Stuttgart, FamRZ 2007, 1908, 1909; OLG Schleswig, FamRZ  2007, 1474). Nach den unbestrittenen Angaben der Klägerin lebt der Beklagte seit mindestens 10 Jahren in Deutschland und hatte daher auch genügend Zeit, Deutschkenntnisse zu erwerben. Zumindest nach Geburt des gemeinsamen Kindes war er insoweit verpflichtet, bestmöglich seine persönlichen und beruflichen Kenntnisse zu entwickeln, um Chancen auf dem Arbeitsmarkt zur Erlangung einer ausreichend dotierte Erwerbsstelle zu verbessern.

37Ferner ist jedenfalls für die Zukunft zu beachten, dass Zahlungen auf titulierte Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder von dem bereinigten Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzusetzen sind, d. h. diese Beträge bleiben bei der Berechnung des ALG II anrechnungsfrei. Diese Rechtsprechung des Senats auf der Grundlage des SGB II a. F. (Brandenburgisches OLG, FamRZ 2006, 1297, 1299; vgl. ferner OLG Koblenz, OLG-Report 2006, 1296; SozG Aachen FamRZ 2006, 1296, 1297; SozG Dortmund JAmt 2005, 144; Fichtner/Wenzel-Augstein, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Aufl. 2005, § 11 SGB II Rn. 3) entspricht auch der zum 1. August 2006 in Kraft getretenen Neuregelung des § 11 Abs. 2 Nr. 7 SGB II. Der Unterhaltsverpflichtete kann also den Anspruch kostenfrei vor dem Jugendamt titulieren und allein in Höhe der Regelbeträge Nebenverdienste erzielen, ohne befürchten zu müssen, dass sich seine Hartz IV -Einkünfte verringern. Dass der Beklagte aber nicht in der Lage ist, monatlich 177 Euro bzw. ab Juli 2007 monatlich 175 Euro zu erzielen, erscheint auch bei Beachtung seiner besonderen persönlichen Umstände kaum denkbar; jedenfalls fehlt es hierzu bislang an jeglichem Vortrag des Beklagten.

III.

Die zu Lasten des Beklagten getroffene Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit auf § 708 Ziff. 10 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Weder haben die hier entschiedenen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Berufungswert: 2.474 Euro

OLG Brandenburg, Urteil vom 07.02.2008
9 UF 157/07

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