OLG Karlsruhe: Vollstreckung in Umgangssachen immer nach FamFG

1) Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bad Säckingen vom 22.12.2009 (3 F 74/08) aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin auf Festsetzung eines Zwangsgeldes zurückgewiesen.

2) Beide Parteien werden darauf hingewiesen, dass im Falle einer Zuwiderhandlung gegen die Umgangsregelung im Beschluss des Familiengerichts Bad Säckingen vom 25.09.2009 (3 F 74/08) Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000,- EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monate angeordnet werden kann. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft bis zu 6 Monate anordnen.

3) Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen werden nicht erstattet.

4) Der Beschwerdewert wird auf 300,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien haben am … die Ehe geschlossen, aus der die Kinder X., geb. am …, und Y, geb. …, hervorgegangen sind.

Im Februar 2008 zog die Kindesmutter mit dem Kind Y nach F, das Kind X verblieb beim Antragsgegner.

Die Kindesmutter begehrte die gerichtliche Regelung des Umgangs mit ihrer Tochter X. Nach Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens hat das Familiengericht Bad Säckingen mit Beschluss vom 25.09.2009 folgende Umgangsregelung beschlossen:

1) Der Antragstellerin wird der persönliche Umgang mit dem gemeinsamen Kind X, geb. …, wie folgt gewährt:

a) In den … Herbstferien hat sie das Recht, das Kind von Sonntag, den 11.10.2009 bis Samstag, den 17.10.2009, zu sich zu nehmen.

b) In den … Winterferien hat sie das Recht, das Kind von Sonntag, den 27.12.2009 bis Sonntag, den 03.01.2010, zu sich zu nehmen.

c) In den … Osterferien hat sie das Recht, das Kind von Dienstag, den 06.04.2010 bis Samstag, den 10.04.2010, zu sich zu nehmen.

d) In den … Sommerferien hat sie das Recht, das Kind von Montag, den 05.07.2010 bis Sonntag, den 25.07.2010, zu sich zu nehmen.

Die Übergabe hat jeweils bei der Raststätte M. zu erfolgen, wobei der Antragsgegner das Kind dort hinzubringen hat und die Antragstellerin das Kind dort abzuholen hat.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

2) Eigene Verhinderungen oder Verhinderungen in der Person des Kindes haben sich die Parteien möglichst frühzeitig mitzuteilen und durch ärztliches Attest im Krankheitsfall zu belegen.

3) Den Parteien wird bereits jetzt für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Entscheidung ein Zwangsgeld angedroht, das bis zu 3.000,- EUR betragen kann.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner eine noch anhängige befristete Beschwerde beim Oberlandesgericht Karlsruhe eingelegt und die Antragstellerin Anschlussbeschwerde (5 UF 188/09).

Mit Schriftsatz vom 13.11.2009 beantragte die Antragstellerin gegen den Antragsgegner ein Zwangsgeld festzusetzen, nachdem der unter Ziff. 1 a des Beschlusses vom 25.09.2009 geregelte Umgang während der Herbstferien nicht stattgefunden hatte.

Hiergegen wandte sich der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 18.12.2009 und trug vor, dass das Kind X ihre Mutter über 1 Jahr nicht gesehen habe und nicht alleine in eine fremde Umgebung wolle. Des Weiteren seien die Lebensverhältnisse der Antragstellerin noch nicht geklärt. Die getroffene Umgangsregelung sei daher mit dem Kindeswohl nicht vereinbar. Es wurde weiterhin die Durchführung eines Vermittlungsverfahrens nach § 52 a FGG beantragt, um eine langsame Anbahnung der Umgangskontakte zu erreichen.

Mit Beschluss vom 22.12.2009 setzte das Familiengericht Bad Säckingen gegen den Antragsgegner wegen Nichtbeachtung des Umgangsrechts der Antragstellerin aus dem Beschluss vom 25.09.2009 ein Zwangsgeld von 300,- EUR fest. Die Frage, ob das Umgangsrecht dem Wohl des Kindes X entspreche, sei im Beschluss vom 25.09.2009 ausreichend geprüft worden, weshalb der Antragsgegner nicht mit den bereits im Umgangsverfahren vorgebrachten Argumenten den Umgang verweigern könne. Auch hindere der Antrag auf Durchführung eines Vermittlungsverfahrens nicht die Festsetzung eines Zwangsgelds.

Gegen diesen, dem Antragsgegner am 28.12.2009 zugestellten Beschluss, richtet sich die am 06.01.2010 eingelegte Beschwerde des Antragsgegners, mit der er geltend macht, dass der Beschluss mangels der in §§ 38, 39 FamFG vorgesehenen Rechtsbehelfsbelehrung nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden sei, § 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG. Weiterhin sei der Umgangsbeschluss vom 25.09.2009 noch nicht rechtskräftig und nicht im Sinne des Kindeswohls. So habe das Jugendamt in seiner Stellungnahme vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe vom 02.11.2009 festgestellt, dass es aufgrund der nunmehr seit einem Jahr ausgesetzten Umgangskontakte einer langsamen Annäherung bedürfe.

Die Antragstellerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.

II.

1.

Die Beschwerde ist zulässig.

Der Senat beurteilt das Beschwerdeverfahren nach dem bis zum 31.08.2009 geltenden Verfahrensrecht.

Nach zwischenzeitlich gefestigter Rechtsprechung (OLG Zweibrücken, Urteil vom 08.01.2010, 2 UF 138/09; OLG Köln, FGPrax 2009, 240; OLG Düsseldorf, FGPrax 2009, 284; BGH, Beschluss vom 25.11.2009, XII ZB 46/09; BGH NJW 2010, 440) ist die Übergangsvorschrift des Art. 111 FGG-ReformG dahin auszulegen, dass sich für Verfahren, die in erster Instanz bis zum Inkrafttreten des FGG-ReformG eingeleitet worden sind, auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach dem bisher geltenden Recht richtet.

Im vorliegenden Verfahren hat das Familiengericht Bad Säckingen aufgrund eines nach Inkrafttreten des FGG-ReformG eingegangenen Antrags ein Zwangsgeld nach § 33 FGG festgesetzt und das bis zum 31.08.2009 geltende Recht angewandt. Das Familiengericht ist dabei offensichtlich davon ausgegangen, dass es für die Beurteilung des anzuwendenden Rechts nach Art. 111 FGG-ReformG nicht auf den Eingang des Zwangsvollstreckungsantrags, sondern auf die Einleitung des Hauptsacheverfahrens ankommt. Der Senat ist der Ansicht, dass in einem derartigen Fall unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Meistbegünstigung (vgl Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 30. Aufl. 2009, Vorbem. § 511 Rn. 6 ff) die Zulässigkeit der gegen diese Entscheidung eingelegten Beschwerde jedenfalls auch nach §§ 19, 20 FGG beurteilt werden kann. § 621 e Abs. 1 ZPO findet keine Anwendung, da Entscheidungen über Zwangsmittel nach § 33 FGG keine Endentscheidungen im Sinne von § 621 e ZPO sind (Keidel/Kuntze/Winkler-Weber, FGG, 15. Aufl., § 64 Rn. 52; BGH, FamRZ 1992, 538).

2.

Die Beschwerde des Antragsgegners hat auch in der Sache Erfolg.

Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin die Festsetzung eines Zwangsgelds mit Schriftsatz vom 13.11.2009, somit nach dem 01.09.2009, beantragt.

Das Familiengericht Bad Säckingen hat das Zwangsgeld gem. § 33 FGG zu Unrecht festgesetzt, denn diese Regelung ist seit 01.09.2009 außer Kraft getreten, und es ergibt sich ihre Anwendung auch nicht aus der Übergangsvorschrift des Art. 111 FGG-ReformG. Weil eine Gesetzesgrundlage für die angeordnete Festsetzung eines Zwangsgeldes nicht mehr bestand, ist der Beschluss des Familiengerichts Bad Säckingen vom 22.12.2009 aufzuheben.

Das FamFG ist Teil des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-ReformG), das am 01.09.2009 in Kraft getreten ist und das FGG ersetzt hat, Art. 112 Abs. 1 FGG-ReformG. Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des FGG-ReformG eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes beantragt wurde, sind weiter die vor dem Inkrafttreten des FGG-ReformG geltenden Vorschriften anzuwenden, Art. 111 Abs. 1 FGG- ReformG. Folglich findet auf selbständige Verfahren, die ab dem 01.09.2009 eingeleitet oder beantragt wurden, das FamFG Anwendung.

Eine ausdrückliche Regelung, ob das Vollstreckungsverfahren ein selbständiges Verfahren darstellt oder nicht, enthält weder Art. 111 FGG-ReformG noch ergibt es sich aus der Gesetzesbegründung.

Vollstreckungsverfahren wurden bereits nach § 33 FGG als selbständige Verfahren und nicht als Fortsetzung des Verfahrens der Hauptsache angesehen (BGH, FamRZ 1990, 35; Jansen-von König, FGG, 3. Aufl., § 33 Rn. 10).

Da auch im FamFG das Vollstreckungsverfahren nach Buch 1 Abschnitt 8 als selbständiges Verfahren mit besonderen Regeln über Rechtsmittel (§ 87 Abs. 4), Kosten (§ 87 Abs. 5) und Zuständigkeit (§ 88 Abs. 1) ausgestaltet ist, sind nach Ansicht des Senats Vollstreckungsverfahren auch als selbständige Verfahren im Sinne des Art. 111 FGG-Reformgesetz anzusehen. Demnach richten sich Vollstreckungs-verfahren, die nach dem 31.08.2009 eingeleitet werden, auch dann, wenn sie auf Titeln beruhen, die bis zum 31.08.2009 entstanden sind, nach §§ 86 ff., 120 FamFG (ebenso Thomas/Putzo, ZPO und FamFG, 30. Aufl. 2009, Vorbem. zu § 606 ZPO Rn. 5; Zöller-Geimer, ZPO und FamFG, 28. Aufl. 2010, Einl. zum FamFG, Rn. 47; Keidel-Giers, FamFG, 16. Aufl. 2010, § 86 Rn 6; Giers, FamRB 2009,87).

Gerichtliche Beschlüsse über die Regelung des Umgangs sind sowohl nach altem Recht, § 24 FGG, wie auch nach neuem Recht, § 86 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FamFG, mit Wirksamwerden vollstreckbar, d. h. nunmehr ab Bekanntmachung der Entscheidung, § 40 Abs. 1 FamFG. Unerheblich ist demnach, dass vorliegend gegen den Umgangsbeschluss Beschwerde eingelegt worden ist.

Die Vollstreckung erfolgt nach § 88 Abs. 1 FamFG durch das Gericht, in dessen Bezirk das Kind zum Zeitpunkt der Einleitung der Vollstreckung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Gem. § 89 Abs. 1 FamFG kann zur Regelung des Umgangs gegenüber den Verpflichteten Ordnungsgeld und Ordnungshaft angeordnet werden. Eine Festsetzung von Zwangsgeld – wie sie § 33 FGG vorsah – gibt es nicht mehr.

Des Weiteren ist die Androhung eines Zwangsmittels nach § 33 Abs. 1 FGG entfallen und an ihre Stelle gem. § 89 Abs. 2 FamFG eine Hinweispflicht auf die Folgen der Zuwiderhandlung im Beschluss, der die Regelung des Umgangs anordnet, getreten.

Das Beschwerdegericht weist deshalb die Parteien nunmehr auf die neuen Vollstreckungsmöglichkeiten gem. § 89 Abs. 2 FamFG hin. Da es sich bei der Hinweispflicht nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, kann das Beschwerdegericht den Hinweis selbst erteilen, und es bedarf insoweit keiner Zurückverweisung an das Familiengericht Bad Säckingen. Obwohl grundsätzlich der Hinweis im Umgangsbeschluss selbst erfolgen soll, kann eine fehlende Belehrung in einem gesonderten Beschluss nachgeholt werden ( Zöller-Feskorn, a.a.O., § 89 FamFG Rn. 8; Keidel-Giers, a.a.O. § 89 Rn. 12).

Der Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG ist vor einer Verhängung eines Ordnungsgeldes nicht bereits deshalb entbehrlich, weil das Familiengericht nach altem Recht, § 33 Abs. 3 FGG, die Verhängung eines Zwangsgelds angedroht hatte. Denn zwischen den Zwangsmitteln nach altem und neuen Recht bestehen erhebliche Unterschiede. Bei den gem. § 33 FGG festzusetzenden Zwangsmitteln handelte es sich um Beugemittel, die ausschließlich dazu dienen, die künftige Befolgung gerichtlicher Anordnungen zu erzwingen. Sie stellten keine Sühne für bereits begangene Pflichtverletzungen dar (Keidel/Kuntze/Winkler-Zimmermann, a.a.O., § 33 Rn. 4; OLG Karlsruhe, FamRZ 1998, 1131). Die nunmehr eingeführten Ordnungsmittel unterscheiden sich von diesen Zwangsmitteln dadurch, dass sie nicht nur Beuge- sondern auch Sanktionscharakter haben (BGHZ, 156, 335 ). Deshalb können sie auch dann noch festgesetzt und vollstreckt werden, wenn die zu vollstreckende Handlung, Duldung oder Unterlassung wegen Zeitablaufs nicht mehr vorgenommen werden kann (BT-Drucksache 16/6308, 218).

Da der Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG Vollstreckungsvoraussetzung ist (Zöller/Feskorn a.a.O. § 89 FamFG Rn. 7), wird das zuständige Familiengericht die eventuelle Festsetzung eines Ordnungsgeldes nur bei einer zukünftigen Zuwiderhandlung vornehmen können und auch nur dann, wenn der Verpflichtete keine Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat, § 89 Abs. 4 FamFG. Die durch das Erfordernis eines Hinweises nach § 89 Abs. 2 FamFG eingetretene Erschwerung der Zwangsvollstreckung aus nach altem Recht ergangenen Vollstreckungstiteln ist als Folge der gesetzlichen Neuregelung hinzunehmen.

Gem. §§ 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5, 131 Abs. 1 KostO a.F. ist sowohl das Verfahren erster Instanz als auch das Beschwerdeverfahren gerichtsgebührenfrei.

Die Entscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes folgt aus § 119 Abs. 2, Abs. 5 KostO a.F. (Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 119 KostO, Rn. 3).

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.02.2010
5 WF 28/10

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