BGH: Zurechnung fiktiver Einkünfte

a) Die Zurechnung fiktiver Einkünfte setzt voraus, dass der Unterhaltspflichtige die ihm zumutbaren Anstrengungen, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden, nicht oder nicht ausreichend unternommen hat und bei genügenden Bemühungen eine reale Beschäftigungschance bestanden hätte.

b) Trotz der nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern können dem Unterhaltspflichtigen fiktive Einkünfte aus einer Nebentätigkeit nur insoweit zugerechnet werden, als ihm eine solche Tätigkeit im Einzelfall zumutbar ist.

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OLG Braunschweig: Nachehelicher Unterhalt bei Betreuung ADS-Kind

  1. Der Unterhaltspflichtige schuldet seiner geschiedenen Ehefrau Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB, wenn die geschiedene Ehefrau ein 13- bis 15-jähriges Kind betreut, das an ADS leidet und dadurch erhöhter Betreuungsaufwand besteht. Ihre Erwerbsverpflichtung erfüllt sie mit Ausübung einer Halbtagstätigkeit.
  2. Bei der Bedarfsbemessung des geschiedenen Ehegatten sind sämtliche nachrangigen Unterhaltsberechtigten des Pflichtigen, auch die gegebenenfalls nachrangige neue Ehefrau, zu berücksichtigen. Die Berechnung hat mit der sogenannten »Drittelrechnung« zu erfolgen. Synergieeffekten durch das Zusammenleben des Pflichtigen mit seiner neuen Ehefrau wird dadurch Rechnung getragen, daß der Bedarf der geschiedenen Ehefrau um 10% erhöht und der Bedarf der neuen Ehefrau und des Pflichtigen um je 5% gesenkt werden.
  3. Zu den Voraussetzungen einer Ehe von langer Dauer im Sinne der §§ 1609 Nr. 2, 1578b BGB.

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BGH: Kindergartenbeiträge nicht im Kindesunterhalt enthalten

Kindergartenbeiträge bzw. vergleichbare Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in einer kindgerechten Einrichtung sind in den Unterhaltsbeträgen, die in den Unterhaltstabellen ausgewiesen sind, unabhängig von der sich im Einzelfall ergebenden Höhe des Unterhalts nicht enthalten. Das gilt sowohl für die Zeit vor dem 31. Dezember 2007 als auch für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Unterhaltsänderungsgesetzes 2007 am 1. Januar 2008 (Aufgabe der Senatsurteile vom 14. März 2007 – XII ZR 158/04FamRZ 2007, 882, 886 und vom 5. März 2008 – XII ZR 150/05FamRZ 2008, 1152, 1154). Die in einer Kindereinrichtung anfallenden Verpflegungskosten sind dagegen mit dem Tabellenunterhalt abgegolten.
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OLG Hamm: Billigkeitsprüfung, Befristung, eheliche Nachteile, Kinderbetreuung

1. Auf die Berufung des Antragsgegners wird das am 19.03.2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Lemgo (8 F 527/03) im Ausspruch über die Folgesache »Nachehelicher Unterhalt« (Ziff. IV. des Tenors) geändert.

Der Antragsgegner wird verurteilt, einen monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 1.272 € ab Rechtskraft der Scheidung bis zum 31.07.2012, fällig jeweils zum 1. eines Monats im voraus, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Fälligkeit, an die Antragstellerin zu zahlen.

2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen, die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten der Folgesache »Nachehelicher Unterhalt« werden für beide Instanzen gegeneinander aufgehoben.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Antragsgegner wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Antragstellerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision wird wegen der Befristung (Ziff. II. 3. der Entscheidungsgründe) zugelassen.
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BGH: Unterhaltsberechnung bei ALG II

a) Ein vom Unterhaltsberechtigten bezogenes Arbeitslosengeld II ist nicht bedarfsdeckend und lässt den Unterhaltsanspruch als subsidiäre Sozialleistung nicht entfallen.

b) Bezieht der Unterhaltspflichtige Krankengeld, sind davon bereits im Rahmen der Bedarfsbemessung grundsätzlich weder pauschale berufsbedingte Kosten noch ein Erwerbstätigenbonus abzusetzen.

c) Im Rahmen der Leistungsfähigkeit entspricht der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende Selbstbehalt in solchen Fällen dem Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen. Gegenüber dem Anspruch auf Ehegattenunterhalt muss ihm aber grundsätzlich ein Selbstbehalt verbleiben, der den notwendigen Selbstbehalt gegenüber einem Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder (§ 1603 Abs. 2 BGB) übersteigt und zwischen diesem und dem angemessenen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 1 BGB) liegt. Das gilt auch gegenüber einem Anspruch auf Betreuungsunterhalt.

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OLG Frankfurt: Befristung des nachehelichen Unterhalts

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die teilweise Erledigung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin in Höhe monatlicher Unterhaltszahlungen von 396 € für die Zeit bis September 2008 einschließlich festgestellt wird.

Der Antragsteller hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

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OLG Brandenburg: Trennungsunterhalt bei Krankengeldbezug des Berechtigten

Auf die Berufung des Klägers wird das am 26. Februar 2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Strausberg abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger monatlichen Trennungsunterhalt wie folgt, den zukünftigen jeweils bis zum 5. eines jeden Monats, zu zahlen:

– 254,82 € für die Monate Oktober 2006 bis Februar 2007

– 274,82 € für die Monate März bis Dezember 2007,

– 234 € für die Monate Januar bis Juni 2008,

– 44 € für die Monate Juli bis September 2008,

– 285 € ab Oktober 2008.

zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus jeweils 474,82 € seit dem 1.10.2006, 1.11.2006, 1.12.2006, 1.1.2007, 1.2.2007 und 1.3.2007
bis zum 28. Februar 2008 und aus 1.548,92 € seit dem 1. März 2007

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 24 % und der Beklagten zu 76 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

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BGH: Inhaltskontrolle Eheverträge; kein Unterhalt zu Lasten der Sozialhilfe

a) Eine Inhaltskontrolle von Eheverträgen kann nicht nur zugunsten des unterhaltbegehrenden Ehegatten veranlasst sein, sondern im Grundsatz auch zugunsten des auf Unterhalt in Anspruch genommenen Ehegatten.

b) Für die Beurteilung, ob die subjektiven Elemente der Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages vorliegen, kann jedenfalls dann nicht auf konkrete Feststellungen hierzu verzichtet werden, wenn ein Ehegatte dem anderen Leistungen verspricht, für die es keine gesetzliche Grundlage gibt. In solchen Fällen scheidet eine tatsächliche Vermutung für eine Störung der Vertragsparität aus.

c) Eine Unterhaltsvereinbarung kann sittenwidrig sein, wenn die Ehegatten damit auf der Ehe beruhende Familienlasten zum Nachteil des Sozialleistungsträgers regeln. Das kann auch dann der Fall sein, wenn durch die Unterhaltsabrede bewirkt wird, dass der über den gesetzlichen Unterhalt hinaus zahlungspflichtige Ehegatte finanziell nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern und deshalb ergänzender Sozialleistungen bedarf.
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