OLG Saarbrücken: Weigerung der Vaterschaftsfeststellung

Weigert sich in einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren der Betroffene, sich der angeordneten Abstammungsbegutachtung zu unterziehen, hat das Familiengericht nach § 372a Abs. 2 S. 1 ZPO in entsprechender Anwendung der §§ 386 bis 390 ZPO im Rahmen eines Zwischenstreits durch Zwischenurteil zu entscheiden.

Unter Aufhebung des den Beklagten zu 1) betreffenden Nichtabhilfe- und Vorlagebeschlusses vom 7. Juni 2010 – 13 F 365/08 KI – wird die Sache zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht – Familiengericht – in Homburg zurückgegeben.

Gründe

I.

In dem am 23. Dezember 2008 eingeleiteten Vaterschaftsanfechtungsverfahren hat das Familiengericht mit Beweisbeschluss vom 26. März 2009 (Bl. 95, 96 d.A.) die Einholung eines Abstammungsgutachtens unter Einbeziehung der Beklagten und der Kindesmutter angeordnet. Mit Beschluss vom 3. Mai 2010 (Bl. 117 d.A.) hat das Familiengericht dem Beklagten zu 1) aufgegeben, sich zur Durchführung der Begutachtung zu einem bestimmten Termin im Institut für X.medizin der Universität des S. einzufinden und für den Fall des Ausbleibens die zwangsweise Vorführung angedroht. Mit Beschluss vom 20. Mai 2010 (Bl. 129, 130 d.A.) hat es die zwangsweise Vorführung des Vorgenannten angeordnet.

Gegen den Beschluss vom 3. Mai 2010 hat der Beklagte zu 1) sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 145 d.A.), der das Familiengericht nicht abgeholfen hat (Bl. 156 ff d.A.).

II.

Gemäß Art. 111 Abs. 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (FGG-Reformgesetz – FGG-RG; BGBl. 2008 I, S. 2585) finden im vorliegenden – vor dem 1. September 2009 beantragten – Verfahren die vor Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes geltenden Verfahrensvorschriften Anwendung.

Die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung des Familiengerichts kann keinen Bestand haben. Über die in der – verfahrensrechtlich auslegungsbedürftigen und -fähigen – Beschwerdeeinlegung gegen die Beschlussanordnung vom 3. Mai 2010 zum Ausdruck gekommenen Weigerung des Beklagten zu 1), sich der Abstammungsbegutachtung zu unterziehen, hat das Familiengericht, wenn sie – wie hier – mit Gründen versehen ist, nach § 372 a Abs. 2 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung der §§ 386 bis 390 ZPO im Rahmen eines Zwischenstreits durch Zwischenurteil zu entscheiden (BGH, MDR 2008, 30; 6. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts, Beschluss vom 25. Februar 2005 – 6 WF 2/05 -, OLGR Saarbrücken 2005, 297; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 372 a, Rz. 13 f). Denn zur Abwehr eines im Einzelfall nicht gerechtfertigten Eingriffs in seine Grundrechte hat der in eine solche Untersuchung Eingebundene die Möglichkeit, die Erforderlichkeit oder Zumutbarkeit seiner Mitwirkung an der Begutachtung in einem gerichtsförmigen Verfahren dadurch überprüfen zu lassen, dass er sich entsprechend §§ 386 bis 389 ZPO auf ein Weigerungsrecht beruft. Über die Rechtmäßigkeit dieser Weigerung ist sodann im Zwischenstreit gemäß § 387 ZPO nach Anhörung der Parteien auf Grund mündlicher Verhandlung durch Zwischenurteil zu entscheiden, gegen das nach § 387 Abs. 3 ZPO ein weiteres Rechtsmittel eingelegt werden kann, was bis zum rechtskräftigen Abschluss des Zwischenstreits im Übrigen auch die Verhängung von Zwangsmitteln (§ 372 a Abs. 2 ZPO) ausschließt (vgl. BGH, aaO; Zöller/Greger, aaO).

Ein solches Zwischenverfahren hat das Familiengericht bislang nicht durchgeführt. Die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung vom 7. Juni 2010 stellt keine ein Zwischenverfahren beendende Entscheidung dar. Abgesehen vom Fehlen wesentlicher Verfahrensschritte setzt eine solche Entscheidung nämlich den erkennbaren Willen des Gerichts voraus, über die vorgebrachten Weigerungsgründe eine rechtsmittelfähige Entscheidung im Zwischenverfahren zu treffen (OLG Brandenburg, OLGR Brandenburg 2007, 793), woran es hier ersichtlich fehlt. Die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung ist daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzugeben.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§ 574 Abs. 3 Satz 1 i.V. mit Abs. 2 ZPO).

OLG Saarbrücken Beschluß vom 28.6.2010
9 WF 65/10

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