Zur Anfechtbarkeit von Kostenentscheidungen nach FamFG.
Zum Anordnungsgrund für eine einstweilige Anordnung elterliche Sorge.
Zur Anfechtbarkeit einer ablehnenden Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bezüglich elterlicher Sorge.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Familiengerichts Wangen vom 23.07.2010 wird auf seine Kosten als unbegründet
zurückgewiesen .
Beschwerdewert: bis 1.000 EUR
Gründe
I.
Mit Schriftsatz vom 24.09.2009 beantragte der Beschwerdeführer den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Antrag, ihm die elterlichen Sorge, hilfsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht, für seine sechs Jahre alte Tochter zu übertragen. Begründet wurde der Antrag vor allem mit Umgangsstreitigkeiten trotz einer Vereinbarung der Beteiligten vom 3.12.2008 über das Umgangsrecht im Jahr 2009 und den Aufenthalt des Kindes bei der Mutter. Die Mutter habe das Kind auch offensichtlich während ihrer Berufstätigkeit allein in der Wohnung gelassen.
Mit Beschluss vom 23.02.2010 hat das Familiengericht wegen des fehlenden Anordnungsgrundes den Antrag des Vaters zurückgewiesen und die Kosten gegeneinander aufgehoben. Gegen diese Kostenentscheidung legte der Antragsteller am 5.3.2010 Beschwerde ein. Das Familiengericht verfügte am 8.3.2010 unter dem Aktenzeichen des einstweiligen Anordnungsverfahrens Termin zur mündlichen Verhandlung – ausdrücklich in der Hauptsache – und forderte die Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses an. Der Hauptsacheantrag ist am 11.3.2010 beim Familiengericht eingegangen.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat durch Beschluss vom 8.4.2010 die Beschwerde des Vaters gegen die Kostenentscheidung des Familiengerichts als unzulässig verworfen, da die einstweilige Anordnung selbst vor mündlicher Verhandlung nicht anfechtbar ist und die Anfechtung der Kostenentscheidung nicht weiter gehen kann als die Anfechtbarkeit der Hauptsache.
In der mündlichen Verhandlung vom 25.6.2010 wies der Familienrichter darauf hin, dass bisher kein Antrag auf Verhandlung im einstweiligen Anordnungsverfahren gestellt und der Termin im Vorgriff auf den erwarteten, am 11.3.2010 auch eingegangenen Hauptsacheantrag bestimmt worden sei. Dennoch stellte die Antragstellervertreterin den im einstweiligen Anordnungsverfahren angekündigten Antrag, worauf das Familiengericht durch Beschluss vom 23.7.2010 seinen Beschluss vom 23.2.2010 bestätigte und nunmehr die vollen Kosten dem Antragsteller auferlegte. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Es sei inzwischen aufgrund der Kooperationsbereitschaft des Antragstellers zu einer einvernehmlichen Besuchsvereinbarung gekommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Die Kostenentscheidung einer Endentscheidung des Familiengerichts ist nach den allgemeinen Vorschriften angreifbar. Streit besteht derzeit lediglich darüber, ob in Familienstreitsachen, zu denen die vorliegende Angelegenheit allerdings nicht zählt, § 99 ZPO als Folge der Verweisung in § 113 Abs. 1 FamFG, die die Kostenvorschriften des FamFG ausdrücklich ausnimmt, Anwendung findet.
Über eine Beschwerde gegen eine Endentscheidung des Familiengerichts entscheidet der Senat in voller Besetzung, sofern die Sache nicht durch Senatsbeschluss einem Mitglied als Einzelrichter übertragen ist, § 68 Abs. 4 S. 1 FamFG.
Die Beschwerde ist auch zulässig, obwohl der beantragte Eingriff in die elterliche Sorge abgelehnt worden ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die bis 31.08.2009 geltenden Rechtslage geändert und die Beschwerde auch gegen ablehnende Entscheidungen in Verfahren der einstweiligen Anordnung zum Sorgerecht eröffnet werden.
Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Das Familiengericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht gegeben war. Es bestand zu keinem Zeitpunkt das in § 49 Abs. 1 FamFG geforderte dringende Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden.
In Umgangs- und Sorgerechtsverfahren wird wegen der seit 1.9.2009 geltenden Rechtslage nur noch in Ausnahmefällen ein Anordnungsgrund vorliegen. Wegen des Vorrang- und Beschleunigungsgebotes des § 155 FamFG findet auch in der Hauptsache ein früher Termin statt. Zudem ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erörtern, wenn in diesem Termin kein Einvernehmen erzielt wird, § 156 Abs. 3 S. 1 FamFG.
Vorliegend hat der Antragsteller seinen Sorgerechtsantrag im Wesentlichen mit Streitigkeiten um den Kinderausweis und den Ferienumgang begründet. Soweit der Antragsteller behauptete, die Tochter befinde sich während der Arbeitszeiten der Mutter „offensichtlich“ alleine in der Wohnung, weil die Antragsgegnerin sich zuerst geweigert hatte, die Adresse der Tagesmutter mitzuteilen, ist dieser Schluss nicht nachvollziehbar und als Anordnungsgrund nicht geeignet. Dies gilt umso mehr, als sich die Eltern erst am 3.12.2008 über den dauerhaften Aufenthalt des Kindes bei der Mutter in W. geeinigt hatten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 30.09.2010
16 WF 189/10